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----------------------------------------------------------- Patrick S. Föhl / Stefanie Erdrich / Hartmut John / Karin Maass (Hg.): Das barrierefreie Museum. Theorie und Praxis einer besseren Zugänglichkeit. Ein Handbuch, Bielefeld: transcript, 2007 (Landschaftsverband Rheinland, Publikation der Abteilung Museumsberatung, Nr. 24). Kart., 518 S., ISBN 978-3-89942-576-5, 46,80 EUR. Rezensiert für H-Museum von Cornelia Renggli, Universität Zürich E-Mail: c_renggli@access.uzh.ch "Museums for All" heisst eine Initiative, die Museen für alle Menschen und damit auch für Menschen mit Behinderung zugänglich(er) machen will. Diese Initiative war bis anhin vor allem in englisch- und französischsprachigen sowie in skandinavischen Ländern verbreitet, wo Publikationen zum Thema entstanden sind. Seit einigen Jahren gibt es auch in deutschsprachigen Ländern Projekte zum Abbau von Barrieren in Museen. Endlich liegt nun mit dem von Patrick S. Föhl, Stefanie Erdrich, Hartmut John und Karin Maass im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland herausgegebenen Handbuch "Das barrierefreie Museum. Theorie und Praxis einer besseren Zugänglichkeit" ein Referenzwerk in deutscher Sprache vor. In ihrer kurzen Einleitung weisen die Herausgeberinnen und Herausgeber darauf hin, dass zwar ein für jeden einzelnen Menschen in gleichem Mass zugängliches Museum ein Ideal sei, dass aber durchaus die Möglichkeit bestehe "das Museum zu einem offenen, barrierefreien Kulturort zu entwickeln, der keine Gruppe wesentlich benachteiligt" (10). Das Buch solle zu solchen Entwicklungen beitragen und versammelt dazu in den fünf Kapiteln "Museen und Barrierefreiheit", "Spezifische Bedürfnisse in Museen: Eine Auswahl", "Rahmenbedingungen für Barrierefreiheit", "Fallbeispiele aus Deutschland" und "Internationale Fallbeispiele", meist nicht mehr als 20-seitige und gut gegliederte Beiträge zu unterschiedlichen Aspekten der Barrierefreiheit im Museum. Das Kapitel 1 "Museen und Barrierefreiheit" führt in die Thematik des Buches ein. Karin Maass betrachtet zunächst das barrierefreie Museum aus museumspädagogischer Perspektive. Sie zeigt, dass Barrierefreiheit eine Querschnittsaufgabe der Museen darstelle und ein Mass für Besucherorientierung sei. Es wäre deshalb im Interesse der Museen, sich selbst zu Barrierefreiheit zu verpflichten, denn: "Alle Besucher werden davon profitieren, wenn Museen ihre Barrieren abbauen und ihre Inhalte auf vielfältige Art und Weise präsentieren" (15). Rüdiger Leidner widmet sich den Begriffen "Barrierefreiheit", "Zugänglichkeit" und "Nutzbarkeit", zumal ersterer 1993 von der UNO in ihren Standardregeln zur Schaffung von Chancengleichheit aufgeführt, aber mittlerweile durch den Begriff "Accessibility" abgelöst wurde, der "Zugänglichkeit" und "Nutzbarkeit" umfasse. Katrin Auer geht auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz BGG bedeute Barrierefreiheit, dass Museumsgebäude, Exponate und Informationen für Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe und in derselben Art und Weise wie für Menschen ohne Behinderung zugänglich und nutzbar seien (37). Auer ergänzt diese Ausführungen mit solchen zum Bundes-, Landes- und Europarecht und schlägt vor, gemäss BGG Zielvereinbarungen für barrierefreie Museen abzuschliessen. Sigrid Arnade und H.-Günter Heiden präsentieren zwölf Schritte und drei Faustregeln zur Barrierefreiheit. Sie ermuntern die Museen dazu, „ein möglichst breit gefächertes Informations-, Kommunikations- und Aktions-Buffet mit vielen museumspädagogischen ‚Leckerbissen’ bereitzustellen, von denen alle 'naschen' können" (46), wobei dieses Buffet "mit Absicht nicht nach einzelnen ‚Behinderungsgruppen’ differenziert, sondern nach inhaltlichen Erfordernissen" (50). Das Kapitel 2 "Spezifische Bedürfnisse in Museen: Eine Auswahl" macht jedoch diese Unterscheidung nach "Behinderungsgruppen". Martina Bergmann widmet sich der barrierefreien Kommunikation im Museum für Gehörlose und Menschen mit Hörbehinderung. Karin Edtmüller und Wilfried Laufenberg zeigen, wie sich Museen für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung zugänglich machen lassen. Dass Barrierefreiheit jeweils vor dem Museumsbesuch beginnt, darauf verweist auch Beat Ramseyer. In seinem Beitrag "Als Rollstuhlfahrer im Museum" gibt er viele Tipps zu Informationen im Internet, Parkfeldern, Eingangspartien und dem Museum selbst mit seinen verschiedenen Räumlichkeiten und den Exponaten. Für die Barrierefreiheit seien allerdings die Mitarbeiter am wichtigsten. Es schliessen sich Ausführungen von Barbara Wichelhaus zum "Museum als Lern- und Erfahrungsort für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf" an. Diese heilpädagogische und kunsttherapeutische Perspektive wird ergänzt durch Patrick S. Föhls Darstellung von "Vermittlungsmethoden für Menschen mit Lernschwierigkeiten im Museum". Föhl fokussiert auf die Leichte Sprache, durch deren Gebrauch das Museum für alle Besucherinnen und Besucher attraktiver werde. Das Kapitel 3 "Rahmenbedingungen für Barrierefreiheit" beginnt Föhl mit einem Beitrag zur internen Kommunikation für barrierefreie Massnahmen. Der Autor führt zu Strukturen, Formen und Prozessen interner Kommunikation aus und stellt verschiedene Kommunikationsinstrumente vor. Stefanie Erdrich geht auf "Finanzierungsmöglichkeiten für barrierefreie Projekte im Museum" ein. Gleich zu Beginn hält sie fest, dass die Berücksichtigung von Barrierefreiheit "ein Plus bei der Suche nach Finanzierung bei verschiedenen Geldgebern sein" kann (149). Danach präsentiert sie öffentliche Institutionen (Bund, Länder, Kommunen, EU), Unternehmen (Sponsoring), Mischfinanzierungen und private Institutionen (Stiftungen, Vereine, Verbände) als mögliche Fundraisingquellen und gibt Argumentationstipps für barrierefreie Projekte. Christine Beckmann schliesst an die Thematik mit ihrem Beitrag "Kulturförderung der Europäischen Union. Programme – Kriterien – Antragstellung" an und stellt das Kultur-Programm und die Strukturfonds der EU (2007-2013) vor. Danach widmet sich Patrick S. Föhl dem barrierefreien Museumsmarketing, das die optimale Vermittlung barrierefreier Angebote an die entsprechenden Besucherinnen und Besucher zum Ziel habe (181). Föhl stellt die verschiedenen Phasen eines Marketingprozesses vor und gibt viele Hinweise für einen Marketingmix, der eine barrierefreie Produkt-, Preis-, Distributions-, Kommunikations-, Personal-, Ausstattungs- sowie Prozesspolitik umfasse. Anschliessend geht Jan Eric Hellbusch in zwei Beiträgen auf barrierefreie Webauftritte ein: Zunächst führt er ins Thema ein und stellt dann vor, wie sich solche Webauftritte umsetzen lassen. Patrick S. Föhl fügt den Beitrag "Kooperieren für ein barrierefreies Museum" an. Neben einer Einführung ins Kooperationsmanagement verweist er auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderung, die ihr Expertenwissen im Rahmen einer Beratung oder Anstellung einbringen, der Kooperation von Museen sowie der Zusammenarbeit mit Firmen und anderen Organisationen. Heiner Mockenhaupt schreibt unter Mitarbeit von Ursula Wallbrecher zu baulichen "Angelegenheiten bei der Gestaltung von barrierefreien Museen". Nach den gesetzlichen Grundlagen erläutert er an einem Beispiel mögliche Barrieren und zeigt, wie sich diese beseitigen lassen. In den Kapiteln 4 "Fallbeispiele aus Deutschland" und 5 "Internationale Fallbeispiele" schliessen sich zwanzig Berichte zur Barrierefreiheit aus der Praxis an. Vorgestellt werden Aktivitäten zur Barrierefreiheit einzelner Museen, Städte, Regionen, Länder sowie der EU. Aus den Beiträgen, die eine Fülle von Informationen enthalten, werden hier nur drei Aspekte hervorgehoben: Es ist erfreulich, dass mit den Beiträgen von Rüdiger Leidner zum "Design für Alle" und von Rebecca McGinnis zum "Universal Design" diese bislang im deutschsprachigen Raum zu wenig bekannten Ansätze berücksichtigt wurden. Einige Beiträge, insbesondere Corinne Eichenbergers Vorstellung des Projekts "Museumssterne***", zeigen, wie Barrierefreiheit ein Qualitätskriterium für Museen darstelle. Dieses Kriterium wird auch bei der Vergabe des Österreichischen Museumspreises 2009 Anwendung finden. Schliesslich wird mancherorts darauf hingewiesen, dass Behinderung auch Thema von Ausstellungen sein kann. Damit wird Barrierefreiheit im Buch breit gefasst. Es bleibt zu hoffen, dass diese verdienstvolle Publikation, die durch einen Index und einen Serviceteil noch etwas mehr ihrem Handbuchcharakter gerecht geworden wäre, dazu beiträgt, dass für alle Menschen zugängliche Museen eine Selbstverständlichkeit werden. ----------------------------------------------------------------------- Copyright (c) 2009 by H-MUSEUM (H-Net), all rights reserved. This work may be copied and redistributed if permission is granted by the author and H-Museum. Please contact: editor@museumslist.net -- H-MUSEUM H-Net Network for Museums and Museum Studies E-Mail: h-museum@h-net.msu.edu WWW: http://www.h-museum.net
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