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'Verspätete Nation' in der Diskussion - Wiesbaden 09/12 ------------------------------------------------------------------------ Helmuth Plessner Gesellschaft; Prof. Dr. Joachim Fischer, Institut für Soziologie, Technische Universität Dresden 04.09.2012-06.09.2012, Wiesbaden V. INTERNATIONALER HELMUTH PLESSNER KONGRESS: Deutschland - Europa - Welt. Helmuth Plessners 'Verspätete Nation' in der Diskussion Die gegenwärtige Welt beobachtet Europa sehr genau dabei, welchen Pfad es in der Schuldenkrise, bei militärischen Interventionen, bei der Frage der Erweiterung seiner Grenzen, in der Energiepolitik bahnt. Die aktuellen ökonomischen, ökologischen, politischen, verfassungsrechtlichen Fragen sind dabei immer zugleich begleitet von den Fragen nach den konkreten Bedingungen, unter denen menschliche Lebensführung im 21. Jahrhundert überhaupt stattfinden soll. Insofern es in der Krise Europas als die "unentbehrliche Nation" (Radoslaw Sikorski, poln. Außenminister) bezeichnet wird, bauen sich auf verschiedenen Ebenen erhebliche Erwartungen an Deutschland auf, die seine Intellektuellen zur erneuten Reflexion seiner gebrochenen Geschichte zwingen. Helmuth Plessner hat 1935 in seiner Studie Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche, die später unter dem Titel 'Die verspätete Nation' bekannt wird, die damaligen brisanten europäischen und weltweiten Erwartungen an Deutschland reflektiert - in einer für ihn biographisch prekären Situation. Eingebettet in eine religions-, kultur- und politikgeschichtlich gearbeitete Philosophie der offenen Moderne versucht er das eigentümliche, ambivalente, gefährliche Potential der deutschen Mentalität zu rekonstruieren, das sich historisch immer erneut in einer Dissidenz zum 'Westen' zeigt, dem es zugleich zugehört. 1959 in der jungen Bundesrepublik unverändert, aber unter neuem Titel Verspätete Nation veröffentlicht, markiert die erhebliche Resonanz unter Historikern, Soziologen und Philosophen mit einen Meilenstein auf "Deutschlands langem Weg nach Westen" (Winkler). Der junge Jürgen Habermas schreibt eine ausführliche Besprechung. Andererseits bewahrt Plessners Schrift vor dem Hintergrund seiner Philosophie unüberhörbar eine Reserve gegenüber dem 'Westen' - hierin vergleichbar Horkheimers und Adornos 'Dialektik der Aufklärung': denn Plessner erzählt in seinem Deutschlandbuch auch die Rahmengeschichte für das Auftauchen seiner modernen, naturphilosophisch gesonnenen und anticartesianisch angelegten Philosophischen Anthropologie in den zwanziger Jahren. Plessners Schrift über eine 'exzentrische Nation' in Europa und der Welt ist ein Text, der es in sich hat. In einer gegenwärtigen Konstellation, in der deutsche Intellektuelle stellvertretend für Europa auf eine postnationale "Verfassung Europas" (Habermas) drängen, während zeitgleich die postkoloniale Geschichtsschreibung von den ehemaligen 'Rändern' der Weltgesellschaft her geistig ein "Provincialising Europe" vorantreibt (Chakrabarty), lohnt die historisierende und zugleich aktualisierende Lektüre von Plessners Schlüsselschrift. Gesellschaften, die im Vergleich zu den 'Etablierten' in Europa "spät" oder "verspätet" kommen, sind aus Plessners Sicht immer auch die zugleich 'jungen' Nationen. Die Helmuth-Plessner-Gesellschaft veranstaltet in Kooperation mit der Stadt Wiesbaden, Plessners Geburts- und Heimatort, diesen V. Internationalen Helmuth Plessner Kongress (Organisator: Tilman Allert). Die wissenschaftliche Tagung hat auch den Zweck, den Philosophen, Philosophischen Anthropologen und Soziologen Helmuth Plessner 'nach Hause zu bringen' - nach Wiesbaden - zu bringen, um ihn von dort aus (erneut) nach Europa und in die Welt gehen zu lassen. Was Frankfurt für Horkheimer und Adorno, ist Wiesbaden für Plessner - drei deutsche Philosophen und Soziologen, die nach 1945/49 als Remigranten in der jungen Bundesrepublik persönlich und beruflich miteinander verbunden waren. Der Kongress wird am 04.09., Plessners 120. Geburtstag, durch einen Vortrag von Hermann Lübbe eröffnet. Das Programm führt ausdrücklich aus verschiedenen Disziplinen (Philosophie, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Literaturwissen-schaften etc.) Vortragende zusammen, die sich mit Plessners Buch 'Verspätete Nation' auseinandersetzen, seine analytische Kraft historisieren, kontextualisieren, vergleichen und/oder seine gegenwartsdiagnostische Relevanz diskutieren - aktualisieren, ergänzen oder bestreiten. ------------------------------------------------------------------------ Veranstaltungsorte: am Dienstag: LITERATURHAUS VILLA CLEMENTINE, Frankfurter Str. 1: Eröffnungsveranstaltung und Empfang; am Mittwoch und Donnerstag: DEUTSCHES FILMHAUS DER MURNAUSTIFTUNG, Murnaustr. 6: Kongress DIENSTAG, 04.09. [Helmuth Plessner (1892-1985): 120. Geburtstag am 04.09.2012] 16.00 Kongress-Eröffnung JOACHIM FISCHER (PRÄSIDENT DER HELMUTH PLESSNER GESELLSCHAFT) TILMAN ALLERT (UNIVERSITÄT FRANKFURT) MICHAEL HÜTHER (INSTITUT FÜR DEUTSCHE WIRTSCHAFT KÖLN) HELMUT MÜLLER (OBERBÜRGERMEISTER VON WIESBADEN) 17.30 - 18.30 CHRISTA ALLERT 'Plessners Wiesbaden' (Stadt-Rundgang) 19.00 Abendvortrag Moderator TILMAN ALLERT (FRANKFURT/WIESBADEN) HERMANN LÜBBE (ZÜRICH) "Die verspätete Nation". Wirkungen eines Deutschland-Buches und seines späteren Titels 21.30 Empfang der Stadt Wiesbaden Veranstaltungsorte: LITERATURHAUS VILLA CLEMENTINE, Frankfurter Str. 1: Eröffnungsveranstaltung und Empfang am Dienstag DEUTSCHES FILMHAUS DER MURNAUSTIFTUNG, Murnaustr. 6: Kongress am Mittwoch und Donnerstag Lokale Organisation und Kontakt: Prof. Dr. Tilman Allert tilman.allert@t-online.de o. allert@soz.uni-frankfurt.de MITTWOCH, 05.09. 9.00-12.00 Vormittag Moderator: KARL SIEGBERT REHBERG (DRESDEN) 9.00-9.45 TILMAN ALLERT (FRANKFURT A.M.) Plessners 'Schicksal deutschen Geistes''. Zur Genese und Aktualität einer Diagnose Pause 10.00-10.45 WOLFGANG BIALAS (BERLIN) Plessners "Verspätete Nation" im Vergleich mit anderen zeitgenössischen philosophischen Analysen des Nationalsozialismus Pause 11.00-11.45 JOACHIM FISCHER (DRESDEN) Die exzentrische Nation. Das Junktim zwischen Plessners Deutschlandstudie und seiner Philosophischen Anthropologie Mittagspause 14.30-18.00 Nachmittag Moderator: MATTHIAS SCHLOSSBERGER (POTSDAM) 14.30-15.15 FRANKA MAUBACH (GÖTTINGEN) Der »deutsche Sonderweg« als joint venture von Lehrer und Schüler: Helmuth Plessner und Christian Graf von Krockow Pause 15.30-16.15 HANS GEORG SOEFFNER (ESSEN) Volk ohne Staatsidee - Idee ohne Staatsvolk. Nachkriegsdeutschland in Europa Pause 16.30-17.15 ANDRZEJ GNIAZDOWSKI (WARSCHAU) Verspätung und Unreife. Zur Phänomenologie des nationalen Bewusstseins bei Plessner und Gombrowicz 19.30 Abendvortrag Moderator: MARCO RUSSO (NEAPEL/SALERNO) GILBERT MERLIO (PARIS) Plessners Schrift "Die verspätete Nation" im Vergleich mit Edmond Vermeils "L'Allemagne. Essai d'explication" 21.00-22.00 Mitgliederversammlung der Helmuth Plessner Gesellschaft DONNERSTAG, 06.09. 9.00-12.00 Vormittag Moderatorin: OLIVIA MITSCHERLICH (POTSDAM) 9.00-9.45 WOLFGANG EßBACH (FREIBURG) Plessners Blick auf Europa - 50 Jahre nach der Versöhnungsmesse von Reims Pause 10.00-10.45 HANS PETER KRÜGER (POTSDAM) Die Ablösung des Westens vom Westen: Zur realgeschichtlichen Öffnung der Frage nach dem Menschen in der 'Verspäteten Nation' Pause 11.00-11.45 SCOTT DAVIS (MIYAZAKI, JAPAN) Comparing Culture and Humanism in Germany and China in Light of Plessners 'Verspätete Nation' Mittagspause 14.30-18.00 Nachmittag Moderatorin: CLAUDIA SCHMÖLDERS (BERLIN) 14.30-15.15 HELMUT LETHEN (WIEN) Aus der Sphäre der Entscheidung zum prekären Ruhepunkt des Rückblicks. Plessners verspätete humanistische Wende Pause 15.30-16.15 CAO WEIDONG (PEKING) Plessners 'Verspätete Nation' - eine deutsche und eine chinesische Lesart Pause 16.30-17.15 AUSTIN HARRINGTON (LEEDS) 'Die verspätete Nation' und die gegenwärtige Debatte zum Eurozentrismus 17.15-18.00 GREGOR FITZI (OLDENBURG) Die Grenzen der Funktionaldifferenzierung. Zur Aktualität des Kontrastes zwischen Plessners und Luhmanns Auffassung der politischen Modernisierung 19.30-21.30 PODIUMSDISKUSSION "Deutschland in Europa und der Welt - Die Welt und Europa in Deutschland Helmuth Plessner 'Verspätete Nation` in der Diskussion" Moderator: TILMAN ALLERT (FRANKFURT/WIESBADEN) MICHAEL HÜTHER (KÖLN) ZDZISLAW KRASNODEBSKI (BREMEN/WARSCHAU) CAO WEIDONG (PEKING) MARCO RUSSO (NEAPEL/SALERNO) KARL-SIEGBERT REHBERG (DRESDEN) CLAUDIA SCHMÖLDERS (BERLIN) WALTER SEITTER (WIEN) ------------------------------------------------------------------------ Prof. Dr. Joachim Fischer joachim.fischer@tu-dresden.de D-01062 Dresden Fon: 49/(0)351.463.37404 Fax: 49/(0)351.463.37113 Prof. Dr. Tilman Allert allert@soz.uni-frankfurt.de URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=19857> ------------------------------------------------------------------------ H-Soz-u-Kult übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der von unseren Nutzern beigetragenen Inhalte. 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